Verbessert Rosmarin das Gedächtnis und die Konzentration?

Rosmarin soll dem Gedächtnis auf die Sprünge helfen, behaupten Medien-Berichte. Und tatsächlich gibt es Studien, die genau diese Frage untersucht haben: Steigert der Duft oder der Verzehr von Rosmarin die Gedächtnisleistung? Die Ergebnisse findest du in diesem Artikel.

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Rosmarin-Sträuche auf einem Tisch
(c) Luigi Pozzoli | unsplash
Ernährungsfakten wissenschaftlich mit Studien belegt

Dieser Beitrag beruht auf wissenschaftlich gesicherten Informationen.
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Besseres Gedächtnis dank Rosmarin?

Als ich zufällig auf einen älteren Zeitungsbericht stoße, muss ich schmunzeln: Rosmarin oder vielmehr der Geruch von Rosmarin soll angeblich das Gedächtnis verbessern. Na klar, denke ich, wieder so ein überzogener Artikel. Doch offenbar trugen schon im antiken Griechenland einige Studenten Rosmarin-Kränze für eine bessere Gedächtnis-Leistung. Und auch in Shakespeares Hamlet findet der immergrüne Halbstrauch seine Würdigung: Ophelia überreicht Hamlet einen Rosmarin-Zweig, damit der sich besser an sie erinnert. Ist also wirklich was dran, am Gedächtnis-Boost dank Rosmarin?

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Mangelhafte Studien am Fließband

Zunächst trifft man hier auf eine ganze Reihe fragwürdiger Untersuchungen: Eine Studie zu Rosmarin-Wasser hier1), eine zu Rosmarin-Pulver dort2) – und alle kommen zu dem gleichen Ergebnis: Rosmarin steigert die Gedächtnisleistung. Wie praktisch für die Sponsoren und Mitwirkenden dieser Studien, die zufälligerweise die jeweiligen Wässerchen und Pulver herstellen oder verkaufen.

Auch darüber hinaus weisen die Studien viele Mängel auf: Entweder haben sie eine sehr geringe Teilnehmerzahl, eine einseitige Probanden-Auswahl (z. B. deutlich mehr Frauen als Männer, nur Studenten oder nur ältere Personen), eine geringe Untersuchungsdauer (oft nur einmalige Tests) oder andere methodische Schwächen.

Klinische Rosmarin-Studie mit hoher Beweiskraft?

Eine klinische Studie iranischer Wissenschaftler3) klingt da schon besser: Vom Ansatz her haben die Forscher mit einer randomisierten doppelt-verblindeten Kontrollstudie ein Studien-Design mit höchster Beweiskraft gewählt. 68 Teilnehmer*innen wurden zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt. In der einen Gruppe bekamen die Probanden einen Monat lang zweimal täglich eine Kapsel mit 500 mg Rosmarin-Pulver. In der anderen Gruppe bekamen die Teilnehmer*innen nur eine Placebo-Kapsel, die genauso aussah wie die Rosmarin-Kapsel, aber mit Speisestärke gefüllt war. Auch hier schnitten die Teilnehmer*innen mit der Rosmarin-Kapsel hinsichtlich ihrer Gedächtnisleistung besser ab.

Wenn man sich die Studie näher ansieht, kann man aber schnell einige Mängel erkennen: Zum Beispiel war die Messmethode sehr ungenau. Hier wurden nämlich keine Gedächtnistests durchgeführt wie in anderen Studien, sondern die Teilnehmer*innen konnten anhand eines Fragebogens selbst Auskunft über ihre Gedächtnisleistung geben. Außerdem konnte die Placebo-Kapsel leicht entlarvt werden, da sie nicht den typischen Rosmarin-Geruch der echten Kapsel aufwies.

Rosmarin-Duft fürs Gedächtnis

Eine Studie hat es aber besonders in die Schlagzeilen geschafft: Ein Forscher-Team der britischen Northumbria University rund um den Psychologen Dr. Mark Moss hat 2016 untersucht, wie sich bestimmte Kräuter auf den geistigen Zustand der Studien-Teilnehmer*innen auswirken. Mit dabei: Rosmarin.

In der Studien wurden 150 gesunde Erwachsene, die mindestens 65 Jahre alt waren, in parfümierte Räume untergebracht. Einer davon war mit ätherischen Ölen aus Rosmarin präpariert, während ein Kontrollraum keinen Duft enthielt. Die Studienteilnehmer*innen wurden anschließend zufällig in Gruppen aufgeteilt: Eine davon saß in dem Rosmarin-Raum, eine andere im Kontrollraum ohne Duft.

Anschließend wurden Gedächtnis- und Konzentrationstests durchgeführt: Die Teilnehmer*innen aus dem Rosmarin-Raum schnitten dabei besser ab als diejenigen, die im duftlosen Raum saßen. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich auch bei einem späteren Versuch mit Kindern im Alter von 10 bis 11 Jahren.

Warum Rosmarin-Duft das Gedächtnis verbessern könnte, ist noch unklar. Die Forscher vermuten, dass der Effekt auf 1,8-Cineol, einem Bestandteil des Rosmarins, zurückzuführen ist. Dieser soll über die Lunge aufgenommen, an der Blut-Hirn-Schranke vorbei den Abbau von Acetylcholin im Gehirn verhindern. Dieser Botenstoff nimmt Einfluss auf das Gedächtnis.4)

Fazit: Verbessert Rosmarin das Gedächtnis?

Die Liste der mangelhaften Studien zur Wirkung von Rosmarin auf das Gedächtnis ist lang. Auch die Studie an der britischen Northumbria University hat ihre Schwächen und bewiesen ist hier noch gar nichts. Allerdings muss ich zugeben, dass ich beim Lesen der Schlagzeilen von einer kompletten Zeitungsente ausgegangen bin. Die ersten Hinweise aus den Studien des Forscherteams um Dr. Mark Moss machen dagegen neugierig und sollten zu besseren Studien anregen. Bis dahin sind die Ergebnisse aber das, was sie sind: Erste Hinweise und nicht mehr. 

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Quellen & Studien zu diesem Artikel

  • 1) Moss, Mark et al.: Acute ingestion of rosemary water: Evidence of cognitive and cerebrovascular effects in healthy adults. In: Journal of Psychopharmacology, 2018; 32 (12): 1319-1329. DOI: 10.1177/0269881118798339
  • 2) Pengelly, A. et al.: Short-term study on the effects of rosemary on cognitive function in an elderly population. In: J Med Food. 2012; 15 (1):10-17. DOI: 10.1089/jmf.2011.0005
  • 3) Nematolahi P. et al.: Effects of Rosmarinus officinalis L. on memory performance, anxiety, depression, and sleep quality in university students: A randomized clinical trial. In: Complement Ther Clin Pract. 2018; 30: 24-28. DOI: 10.1016/j.ctcp.2017.11.004
  • 4) Moss M., Oliver L.: Plasma 1,8-cineole correlates with cognitive performance following exposure to rosemary essential oil aroma. In: Therapeutic Advances in Psychopharmacology. June 2012: 103-113. DOI: 10.1177/2045125312436573

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Aktualisiert am 30.09.2021